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Die Esskastaniengallwespe



Aktuelle Situation April 2012

Mit dem heurigen Austrieb der Kastanienbäume musste leider festgestellt werden, dass sich die Gallwespe weiter verbreitet hat. Es ist anzunehmen, dass ganz Südtirol befallen ist. In Kastanienhainen, wo letztes Jahr ein leichter Befall festgestellt wurde, hat die Population sehr stark zugenommen. Hauptsächlich im unteren Bereich der Bäume sind dort kaum mehr gesunde Blätter oder Triebspitzen zu finden. Durch die niederen Temperaturen der letzten Tage, haben sich die Gallen rot gefärbt und sehen fast schon aus, wie reife Kirschen Glücklicherweise kann auch heuer wieder in Zusammenarbeit mit dem Amt für Landwirtschaft und dem Pflanzenschutzdienst von Südtirol in sechs ausgewählten Standorten der natürliche Gegenspieler Torymus sinensis freigesetzt werden. In einem Abkommen mit der Universität Turin hat die Landesabteilung Landwirtschaft die Weichen für die biologische Bekämpfung der Kastaniengallwespe in Südtirol gestellt. Das auf drei Jahre angelegte Projekt sieht die Freisetzung des Parasitoiden Torymus sinensis und entsprechende regelmäßigen Kontrollen vor, ob sich dieser Gegenspieler auch erfolgreich eingenistet hat. Daneben sind auch Untersuchungen auf etwaige heimische Parasitoide der Kastaniengallwespe vorgesehen, die in der Lage sein könnten, Torymus sinensis bei der Eindämmung des Schädlings zu unterstützen.

Bild: Rot gefärbte Gallen, durch die niederen Temperaturen der letzten Tage.

Bild: Hauptsächlich der untere Bereich der Kastanienbäume ist sehr stark befallen.

Die Esskastaniengallwespe (Dryocosmus kuriphilus)


Dieser ausführliche Bericht zur Lebensweise und Bekämpfung der Esskastaniengallwespe, wurde mir freundlicherweise von Herrn Dr. Konrad Mair vom Landespflanzenschutzdienst Bozen zur Verfügung gestellt.



Die Kastaniengallwespe gilt als der gefährlichste Schädling der Esskastanie. Das ursprüngliche Heimatgebiet der Kastaniengallwespe ist Südchina. Von dort wurde der Schädling nach Japan verschleppt, wo er sich innerhalb weniger Jahrzehnte über das ganze Land ausbreitete. Vermutlich mit befallenem Pflanzmaterial erfolgte die Verschleppung in die USA und schließlich auch nach Europa, wo in Italien (Provinz Cuneo − Piemont) im Jahr 2002 erstmals Befall festgestellt wurde.
Bereits innerhalb weniger Jahre wurden auch in anderen Kastanienanbaugebieten Italiens Befall nachgewiesen, wobei stets befallenes Pflanzenmaterial für die Verschleppung verantwortlich gewesen sein dürfte. Im Jahr 2008 wurden erstmals auch in Südtirol befallene Bäume festgestellt, auch in diesem Fall erfolgte die Einschleppung mit befallenen Pflanzen. Die befallenen Pflanzenteile wurden unverzüglich abgeschnitten und an Ort und Stelle verbrannt.

Bild: Adultes Gallwespen-Weibchen

Lebensweise und Schadbild

Die Vermehrung der Kastaniengallwespe erfolgt parthenogenetisch, d. h. ohne Befruchtung. Alle Nachkommen sind weiblich, männliche Exemplare wurden bisher nicht festgestellt. Befallen wird ausschließlich die Esskastanie, andere Baumarten sind nicht betroffen. Witterungsabhängig schlüpfen die erwachsenen, nur wenige Millimeter großen, schwarzen Gallwespen ab Mitte Juni bis Ende Juli und legen anschließend bis zu 30 Eier in jeweils eine Knospe ab. Insgesamt kann ein Weibchen ca. 100-200 Eier produzieren. Etwa 30 − 40 Tage nach der Eiablage schlüpfen die Larven, die in der Knospe überwintern. Zu diesem Zeitpunkt sind an den Knospen noch keine Befallsymptome zu erkennen. Erst während des Austriebs im Folgejahr beginnen sich an Blatt-, Blüten- oder Sprossknospen die typischen grün bis leuchtend rosafarbenen Gallen zu entwickeln. Sie werden zwischen 5-20 mm groß.

Bild: Kurz vor dem Schlüpfen

Verringertes Wachstum ist die Folge.

Geschützt von einer dicken Wand erfolgt in ihrem Inneren die Weiterentwicklung der Larven. Nach dem Schlüpfen der geflügelten Insekten vertrocknen die Gallen, bleiben aber meist noch ein bis zwei Jahre am Baum haften. Die Folge der Gallenbildung sind missgebildete Blätter, ein verringertes Wachstum der Bäume und schließlich empfindliche Ertragseinbußen.

Bild: Stark missgebildete Blätter und Triebe

Befallssituation in Südtirol

In Europa wurde die ursprünglich aus China stammende Esskastanien-Gallwespe (Dryocosmus kuriphilus) erstmals im Jahr 2002 in Cuneo (Piemont) festgestellt. Innerhalb weniger Jahre wurde der Schädling, auch durch verseuchtes Pflanzmaterial, in nahezu alle Kastanienanbaugebiete Italiens verschleppt. In Südtirol wurde die Kastaniengallwespe das erste Mal im Jahr 2008 in einem kleinen Kastanienhain im Gemeindegebiet von Terlan festgestellt. Eine direkte Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln ist sehr schwierig. Zum einen gibt es keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel für die Bekämpfung dieses Schädlings, andererseits sind Larven der Insekten in den Gallen gut geschützt, so dass Insektizide eine völlig unzureichende Wirkung zeigen. Zudem wäre während des Fluges der geflügelten Weibchen eine mehrfache Spritzung nötig, was aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, des hohen Aufwandes und ökologischer Bedenken unmöglich wird.

Bild: Typische Blattgalle



Schädling breitet sich aus

Daher wurden damals zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung unverzüglich befallene Äste und Triebe abgeschnitten und verbrannt. Aber bereits im Jahr 2009 musste zur Kenntnis genommen werden, dass sich der Schädling mittlerweile in mehreren Kastanienhainen zwischen Meran und Aicha (Natz-Schabs) eingenistet hatte und Sanierungsmaßnahmen durch Abscheiden und Vernichtung befallener Äste völlig aussichtslos geworden waren. Ende Mai 2010 wurde erstmals auch in Schlanders im Vinschgau ein größerer Befallsherd festgestellt. Mit einer weiteren
Ausbreitung und schließlich der endgültigen Einnistung des Schädlings in allen Kastanienanbaugebieten Südtirols in den nächsten Jahren muss wohl oder übel gerechnet werden.


Bild: Erster Befallsherd in Terlan

Entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen

Die rasche Ausbreitung und die in der Folge zu erwartenden Schäden erfordern entsprechende Gegenmaßnahmen. Aus diesem Grund hat sich der Landespflanzenschutzdienst in Absprache mit den Kastanienvereinen und der Forstbehörde bereits kurz nach bekannt werden der ersten Fälle mit den Möglichkeiten einer Eindämmung des Schädlings auseinandergesetzt.

Bild: Der Nützling wird aus den Röhrchen entlassen

Biologische Bekämpfung der Esskastanien-Gallwespe

Biologische Bekämpfung der Esskastanien-Gallwespe: das ist der Weg, den der Landespflanzenschutzdienst bei der Abteilung Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Turin zur Eindämmung des gefährlichsten Schädlings der Esskastanie eingeschlagen hat.

Bild: Parasitoid Torymus sinensis

Schlupfwespe bekämpft Gallwespe

Wissenschaftliche Untersuchungen haben zwar ergeben, dass auch einheimische Schlupfwespenarten durchaus in der Lage sind, auch die Larven der Esskastanien-Gallwespe zu parasitieren, allerdings nicht in einem Ausmaß, um auch eine spürbare Eindämmung des Schädlings zu bewirken. Als bislang einzige effektive Maßnahme zur Eindämmung hat sich die biologische Bekämpfung durch die gezielte Freisetzung eines spezifischen natürlichen Gegenspielers erwiesen, der ursprünglich ebenfalls aus China stammenden Schlupfwespenart Torymus sinensis. Schlupfwespen-Weibchen der Art Torymus sinensis suchen gezielt die Gallen auf, in denen sich der Schädling vom Ei bis zum ausgewachsenen Insekt entwickelt, stechen sie mit ihren langen Legebohrern an und legen so ihre eigenen Eier in die Brutkammern der Kastaniengallwespe ab. In der Folge fressen die Larven der Schlupfwespen den Kastanienschädling auf.

Bild: Verdorrte Gallen bleiben oft mehrere Jahre am Baum

Anlass zu Optimismus

Seit 2003 arbeiten Wissenschaftler der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Turin unter Leitung von Prof. Alberto Alma gezielt an der Optimierung dieser biologischen Bekämpfungsmethode, die in Japan bereits seit Jahrzehnten mit überzeugendem Erfolg angewandt wird. In den letzten Jahren hat sich diese biologische Bekämpfungsmethode auch in vielen Befallsgebieten Italiens etabliert und bewährt. Obwohl von einem Zeitraum von etwa 10 Jahren ausgegangen werden muss, bis sich ein Gleichgewicht zwischen Schädling und Nützling einpendelt, geben erste Ergebnisse durchaus Anlass zu Optimismus. Es ist bekannt, dass allerdings der Gegenspieler nur bei Vorhandensein des Schädlings im Gebiet die Lebensgrundlage vorfindet.

Bild: Beim Sommer-Gallen sammeln


Abkommen mit Universität Turin

In einem Abkommen mit der Universität Turin hat die Landesabteilung Landwirtschaft die Weichen für die biologische Bekämpfung der Kastaniengallwespe in den nächsten Jahren in Südtirol gestellt. Das auf drei Jahre angelegte Projekt sieht die Freisetzung des Parasitoiden Torymus sinensis und entsprechende regelmäßigen Kontrollen vor, ob sich dieser Gegenspieler auch erfolgreich eingenistet hat. Daneben sind auch Untersuchungen auf etwaige heimische Parasitoide der Kastaniengallwespe vorgesehen, die in der Lage sein könnten, Torymus sinensis bei der Eindämmung des Schädlings zu unterstützen.

Bild: Mitarbeiter der Uni Turin beim Winter-Gallen sammeln


Bereits über 700 Nützlinge freigesetzt

Die ersten 130 Exemplare von Torymus sinensis wurden in Südtirol Ende April 2010 in einem stark befallenen Kastanienhain in Aicha freigesetzt. Weitere 600 Exemplare wurden 2011 in Schlanders, Meran, Lana und Salurn freigelassen. Untersuchungsergebnisse aus norditalienischen Kastanienanbaugebieten zeigen zwar, dass sich die Schlupfwespen zunächst nur in der unmittelbaren Umgebung ihrer Freisetzung verbreiten, innerhalb weniger Jahre ist allerdings mit einer Ausbreitung und festen Etablierung im Befallsgebiet zu rechnen. Kurzfristige Bekämpfungserfolge dürfen sicher nicht erwartet werden, langfristig stellt die biologische Bekämpfung nach derzeitigen Erkenntnissen aber die einzig erfolgsversprechende Methode für eine wirkungsvolle Eindämmung der Kastaniengallwespe dar.


Dr. Konrad Mair
Landespflanzenschutzdienst Bozen